Vor meinem diesjährigen Höhepunkt im Herbst beim Schwäbisch Alb Marathon, sollte dies mein letzter Trainingsmarathon werden. Wieder wollte ich die ersten ca. 25 Kilometer mit langsamen 6:30 Minuten pro Kilometer beginnen und dann die letzten 17 Kilometer in maximalem Marathon-Tempo laufen. Vom Lauftreff waren die altbewährten Freunde dabei: Angelika und Jürgen A., Hanne und Jürgen.G.
Am Tag zuvor reisten wir an. Hanne hatte für uns drei Zimmer in einer Pension in Bregenz gebucht. Mittags holten wir in Lindau unsere Startunterlagen ab, kauften auf der Marathonmesse dies und das und schlenderten bei bestem Wetter durch durch den Ort. Die Sonne wärmte derart, dass wir uns in einem Straßenkaffee im Freien hinsetzen konnten. Dummerweise war für den Lauftag schlechtes Wetter angesagt. Aber vielleicht verschonte uns ja der Regen!
Abends ging es noch in eine Pizzeria, die Angelika, Hanne und die beiden Jürgen vom letzten Jahr noch in bester Erinnerung hatten. Bei einem prima Essen füllten wir nochmals unsere Kohlehydratspeicher auf.
Bereits in der Nacht begann es ziemlich stark zu regnen. Der Wetterbericht lag also leider nicht falsch. Aber das konnte sich ja noch ändern bis zum Start. Unsere Pensionswirtin hatte uns freundlicherweise bereits um 7 Uhr das Frühstück gerichtet, so dass wir gegen 8 Uhr zum Schiff aufbrechen konnten. Start war in Lindau, Ziel in Bregenz, und daher war ein Fährverkehr von Bregenz nach Lindau eingerichtet. Das Auto parkten wir auf einem Parkplatz und gingen dann zu Fuß zur Fähre. Der Regen ließ keine Sekunde nach :-(.
Glücklich waren wir dann, zusammen mit hunderten Läuferinnen und Läufern, im Innenraum des Schiffs. Die Überfahrt dauerte etwa 20 Minuten. Alle waren aufgekratzt und bereiteten sich ganz individuell vor. Neben uns eine Laufgruppe aus dem Südschwarzwald (Rheinfelden). Einer davon führte das große Wort. Er war ein guter Läufer, wenigstens seinen Erzählungen nach. Seine Bestzeit lag angeblich deutlich unter drei Stunden. Er hatte die Gruppe trainiert, von denen einige heute ihren ersten Marathon liefen. Wenn sein Training so gut war wie sein Wortschwall gewaltig, müssten die ihr Ziel von 3:20 h locker erreichen. Jürgen (A.) unterhielt sich eine Zeitlang mit dem redegewaltigen "Trainer".
Die Leute der Laufgruppe aus Rheinfelden zogen sich jetzt laufgerecht an und auch ich richtete mich. Ich wollte mit kurzer Hose laufen, kurzärmligem Unterhemd und Laufhemd und darüber meine neu erstandene Goretex-Jacke als Schutz gegen den Regen. Der schnelle Läufer aus dem Südschwarzwald hielt das für vollkommen abwegig. Er selbst hatte nur ein ärmelloses Laufhemd an, kurze Hosen. Wortreich, wie es seine Art war, erklärte er jegliche andere Kleidung für falsch. Immer wieder betonte er, dass es zu warme Kleidung beim Laufen sehr störend sei und heute sei die Temperatur so, dass man nicht viel anziehen müsse. Da ich mir selber nicht ganz sicher war, entschloss ich mich, auf ihn zu hören und die Jacke weg zu lassen. Hoffentlich würde ich das nicht bereuen! Vermutlich aber würde ich mit meinen kurzen Laufklamotten weniger Probleme bekommen, als mit meinen Händen, für die ich keine Handschuhe hatte. Dass nasse Hände und Kälte sehr unangenehm sein können, hatte ich beim Zermatt-Marathon, sehr zu meinem Leidwesen, erfahren müssen. Leider hatte ich aber meine Handschuhe vergessen und auch am Vortag keine mehr kaufen können.
Gegen halb Zehn legte die Fähre in Lindau an. Der Regen nahm zu, und nur ganz wenige trauten sich hinaus. Die Meisten blieben im Schutz des Schiffs und hofften, dass der Regen nachließ. Nach einer halben Stunde Warten blieb uns aber nichts anderes mehr übrig. Wir gingen hinaus und drängten uns an die Lastwagen, um unsere Kleiderbeutel abzugeben. Ein Durcheinander sondergleichen! Alle hatten sie ebenfalls bis jetzt gewartet und drängten zur Abgabe. Die Leute auf den Lastwagen kamen nicht mehr nach, die Kleiderbeutel nach System einzuräumen. Viele warfen die Säcke einfach in den Lastwagen hinein. Noch etwas mehr als 10 Minuten bis zum Start.
Glücklich hatte ich endlich meinen Beutel abgegeben. Meine Leute hatte ich im Durcheinander längst aus den Augen verloren. Aufs Klo musste ich auch noch. Ich stellte mich in die Schlangen vor den WC-Häuschen. Vielleicht acht Minuten blieben mir noch. Da ich keine besondere Zeit vorhatte, war ich relativ gelassen. Notfalls würde ich eben erst ein paar Minuten nach dem Startschuss loskommen; da würden mich zwar die ganz langsamen Läufer aufhalten, aber das wäre nicht so schlimm. Die Leute vor mir in den Schlangen bekamen jetzt aber langsam Panik und verließen ihren Platz. Plötzlich hatte ich sogar Auswahl, in welches Häuschen ich wollte. Ich erledigte meine "Geschäfte", ging dann rüber in den Startbereich und fand tatsächlich Hanne und Jürgen. Hanne hatte zwar für den Marathon gemeldet, angesichts des schlechten Wetters bekam sie Zweifel an dem Vorhaben, an ihrer Vorbereitung und überhaupt. Sie hatte sich daher bereits auf dem Schiff entschieden, nur den Halbmarathon zu laufen. Jürgen konnte auf Grund gesundheitlicher Probleme schon seit langem kein regelmäßiges Training mehr machen und hatte sich erst am Vortag entschlossen, überhaupt zu laufen und hatte auch für den Halbmarathon gemeldet.
Da das für mich ein Trainingslauf werden sollte, hatte ich meine Kamera dabei. Sie steckte an Stelle der Flasche in meinem Trinkgurt. Mal sehen, wie es heute mit dem Fotographieren werden würde. Beim Zermatt-Marathon hatte ich so kalte Finger, dass ich das Gerät nicht mehr bedienen konnte. Allerdings waren da die Temperaturen noch etwas niedriger. Ich schätze mal, dass es heute so etwa 8 Grad waren. In Verbindung mit der Nässe würde ich sicher wieder kalte Hände bekommen.
Pünktlich war Start. Nach wenigen Minuten kamen auch wir im hinteren Feld über die Startlinie und konnten bald in unserem Tempo laufen. Immer wieder rannte ich vor, hielt kurz an und machte ein Bild. Der Regen hatte überhaupt nicht nachgelassen. Die Strecke führte auf engen Wegen aus Lindau heraus und man musste ständig aufpassen, dass man nicht in eine der Pfützen trat. Auf die Dauer war es zwar nicht zu vermeiden, dass man nasse Füße bekam, aber doch nicht gleich am Anfang! Viel Spielraum beim Tempo hatten wir nicht, dazu war die Läuferschlange einfach zu dicht. Man musste sich wohl oder übel dem Tempo anpassen. Offensichtlich sah Hanne das anders, denn sie nützte jede Lücke aus, um zu überholen - weiß der Teufel, was sie vorhatte. So schnell wollte ich eigentlich nicht beginnen und machte etwas langsamer, so gut es eben ging, zum Hindernis für die anderen Läufer wollte ich dann auch nicht werden. Tatsächlich legten wir dann die ersten 10 Kilometer in 1:01 h zurück, Schnitt 6:05 pro Kilometer, 30 Sekunden schneller als geplant.
Hanne war nicht zu bremsen gewesen, bereits nach etwa 4-5 Kilometern war sie uns enteilt. Jürgen (A) wollte mit dem Teil der Rheinfelder Gruppe laufen und hatte er sich daher ganz vorne eingeordnet. Angelika würde sicher wieder um die vier Stunden laufen und stand beim Start auch etwas weiter vorne. Beide hatte ich, seit wir das Schiff verlassen hatten, nicht mehr gesehen..
Jürgen und ich liefen, so gut es ging, nebeneinander und unterhielten uns über alles mögliche, achteten auf die Pfützen, wichen Mitläufern aus, auch schmierigen Stellen und gewöhnten uns langsam an den Regen. Den Bodensee hatten wir stets ein paar Meter rechts neben uns - bei Sonnenschein sicher eine schöne Atmosphäre, heute aber eher trist. Ich war aber auch so zufrieden und nahm das Wetter wie es war. Man konnte über den See schauen und weit vor uns war die Seebühne von Bregenz zu erkennen. Etwa bei Kilometer 3..4 kam von links die Eisenbahnlinie. Sofort wurden unsere Pulsmesser von den Störstrahlungen der Oberleitungen so beeinflusst, dass sie Phantasiewerte anzeigten. Auf den nächsten sieben Kilometern bis Bregenz änderte sich daran überhaupt nichts mehr.
Die Läuferschlange hatte sich etwas auseinandergezogen, war aber immer noch so dicht, dass man nicht frei laufen konnte. An der ersten Verpflegungsstelle schnappte sich Jürgen zwei Becher und gab einen an mich ab. Großen Durst hatten wir ja nicht, aber trinken soll ja angeblich nicht schaden. Weiter ging es auf dem Uferweg und irgendwo vor Kilometer sechs kamen wir auf österreichischen Boden. Nach weiteren drei Kilometern näherten wir uns Bregenz. Dort auf der Promenade, bei etwa Kilometer 10 wollte Ute stehen. Sie hatte meinen Fotoapparat und sollte Bilder machen. Je nächer wir Bregenz kamen, desto mehr Zuschauer standen an der Strecke, alle mit Schirmen bewaffnet und feuerten die Läuferinnen und Läufer an. Wir passierten die Seebühne, dann den Bahnhof und ließen linkerhand das Stadion liegen, in das ich wohl in etwa drei Stunden und 32 Kilometer später einlaufen würde. Dann kam der Yachthafen und dicht an dicht standen jetzt die Zuschauer. Ein zwei Kilometer lang ging das so und wir suchten Ute, die irgendwo mittendrin sein musste. Vermutlich ging es ihr ebenso, denn tatsächlich entdeckten dann wir sie und machten durch Rufen auf uns aufmerksam. Bis sie endlich den Photoapparat parat hatte, dauerte auch einige Zeit, so dass wir stehen bleiben mussten, bis sie ein Bild von uns gemacht hatte. Und weiter ging es.
Der Weg war jetzt stellenweise nur noch gekiest und sah entsprechend dem Wetter auch aus. Immer wieder kamen größere Pfützen, denen man kaum mehr ausweichen konnte. Immer noch waren so viele Läuferinnen und Läufer auf der Strecke, dass man nicht ungestört laufen konnte. Ich nützte die Gelegenheit und ging kurz rechts ran zum pinkeln, während Jürgen weiter lief. Bald hatte ich ihn wieder eingeholt. Plötzlich wurde der Weg noch enger und die ersten Halbmarathonis kamen uns entgegen. Hanne musste weit vor uns sein. Vielleicht kam sie uns ja sogar schon entgegen? Eine Zeit lang beobachtete ich die entgegenkommenden Läuferinnen, aber nichts war zu sehen. Bald hatten wir den Weg wieder für uns alleine. Schon näherten wir uns dem Abzweig der Halbmarathonis. Ich verabschiedete mich von Jürgen und wir wünschten uns gegenseitig noch viel Erfolg. Vor mir liefen drei Läufer, zwei kleinere schlanke, ein größerer schwergewichtiger. Offensichtlich wollte der größere den Halbmarathon laufen, denn seine beiden Kumpel ermahnten ihn spasseshalber, dass er sich jetzt noch entscheiden könne. Ich sagte zu den dreien vor mir, dass es da wohl nichts zu entscheiden gäbe, es sei doch ganz klar, dass man jetzt geradeaus weiterlaufen würde. Aber er lachte nur und bog nach links in die Halbmarathonschleife ab.
Ich lief mit den beiden weiter die Marathonstrecke. Auf einen Schlag war das Läuferfeld stark gelichtet und es ließ sich störungsfrei laufen. Die zwei stellten sich als Arno und Carsten vor. Arno war ein erfahrener Läufer, der schon alle möglichen Marathons hinter sich hatte, u.a. auch einen in Honkong. Beide spielten Fußball im Fußballverein von Hagnau. Carsten lief seinen ersten Marathon. Seine Fußballkameraden hatten ihm das wohl nicht zugetraut und daher hatte er sich vorgenommen, es denen zu zeigen. So hatte er zusammen mit Arno trainiert und war jetzt bei Kilometer 17 immer noch guter Dinge. Nun ja, die Beiden waren noch jung (M30) und als Fußballspieler hat man eine gute Grundkondition, so dass er das schon schaffen würde. Arno erzählte von seinem Marathon in Honkong und auch von ein paar anderen Läufen. Er betrieb in Hagnau eine Wirtschaft und fand offenbar trotzdem noch Zeit für solche "Eskapaden". Die Beiden liefen in etwa mein Tempo, so dass wir einige Kilometer beienander blieben. Kilometer 20 passierten wir nach 2:03 h, also war ich die letzten 10 Kilometer endlich etwas langsamer geworden (6:13 pro km). Arno und Carsten hatten sich eine Zeit um die vier Stunden vorgenommen und lagen so noch recht gut in der Zeit. Allerdings vermutete ich, dass Carsten das Tempo nicht ganz durchhalten würde. Beim ersten Marathon kann man sich noch nicht so gut einschätzen und läuft tendenziell etwas zu schnell an. Arno hätte natürlich keine Probleme, seine Marathonbestzeit lag deutlich unter 3:30 h.
Bisher hatte sich das Wetter nicht geändert. Nach wie vor regnete es, mal mehr mal weniger, meist aber mehr. Wenn die Kälte nicht gewesen wäre, hätte ich kein Problem gehabt. So jedoch bekam ich immer kältere Hände. Zwar steckte ich abwechselnd eine Hand in meinen Waschlappen, aber ein guter Handschuhersatz war das nicht. Eine Hand war dadurch nur mäßig kalt, während die andere mordsmäßig kalt war. (Einen Waschlappen habe ich stets bei allen Läufen dabei. Damit kann man gut den Schweiß im Gesicht abwischen, der bei mir als Brillenträger oft störend in die Augen läuft.)
An den Verpflegungsstellen hielt ich nicht an, ich hatte keinen Durst. Ich nahm jeweils nur ein Stück Banane - auch keine Offenbarung, die Stücke lagen schon einige Zeit auf den Tischen im Regen und waren entsprechend aufgeweicht und glitschig. Mit meinen kalten Händen konnte ich sie kaum halten. Obwohl ich also wenig trank, musste ich schon wieder rechts weg zum Pinkeln. Ich verabschiedete mich vorläufig von den Hagnauern, da ich ja hoffte, sie bald wieder einzuholen, spätestens wenn ich mein Tempo erhöhte.
Den See hatten wir verlassen, der Weg führte durch Wohngebiete, kein besonders attraktiver Streckenabschnitt. Gemütlich lief ich vor mich hin und beschäftigte mich damit, ob ich die letzten 15 Kilometer schneller laufen sollte, oder gar die letzten 17 Kilometer, dann wieder überlegte ich mir, wie ich wärmere Hände bekommen könnte. Immer wieder mal überholte ich ein paar Läufer, die jetzt offensichtlich ihrem zu schnellen Anfangstempo Tribut zollen mussten. Zuschauer gab es schon lange keine mehr, was mir aber nichts ausmacht, ich konnte mich auch so motivieren. Etwa bei Kilometer 23 standen ein paar Frauen und verteilten getrocknete Früchte. Ich nahm mir ein paar Aprikosen und Feigen und vergaß während des Essens kurzfristig meine kalten Hände.
Bald musste die Schweizer Grenze kommen. Vor mir sah ich einen Läufer mit weißer Laufjacke und dem Aufdruck "100 Marathon Club". Sein Schritt war nicht mehr locker, ganz leicht hinkte er. Ich schloss auf und fragte ihn, ob er die Jacke zu Recht tragen würde. "Ja", bestätigte er. Er würde heute etwa seinen 120. Marathon laufen. Wir kamen ins Gespräch. Ich glaube 1995 hatte man bei ihm Leukämie festgestellt und ihm noch drei Jahre zum Leben gegeben. Er hatte sich dann entschlossen, noch so viele Marathons zu laufen, wie es eben ging. Vor Ausbruch seiner Krankheit war er sehr schnelle Zeiten gelaufen, was danach natürlich nicht mehr möglich war. Unter vier Stunden jedoch käme er noch allemal. Die 100 Kilometer von Biel war er noch mehrmals gelaufen, erst dieses Jahr wieder. Auch sonst machte er alle möglichen schweren Läufe, wie die 74 Kilometer des Swiss Alpin, oder den Jungfrau Marathon. Seine Blutwerte lässt er jedes Jahr einmal bestimmen und richtet danach die Medikamente ein. Heute sei er nicht so gut drauf, das linke Knie täte ihm weh, auch so eine Auswirkung der Krankheit.
Bei Kilometer 25 ging es in die Schweiz. Die letzten 5 km hatte ich in 6:16 pro Kilometer zurückgelegt. Immer noch schneller als geplant, aber ich fühlte mich noch gut. Bisher hatte ich Pulswerte zwischen 118 ... 122, weit unter dem optimalen Marathonpuls von 150. Ich legte zu auf etwa 131 und benötigte für die nächsten zwei Kilometer 10:50 min (5:25/km). Nicht schlecht, aber es ging noch schneller. Puls 135, 140. Ich war jetzt ganz flott unterwegs. Meine zwei Fußballer aus Hagnau holte ich jetzt wieder ein. Carsten lief noch ordentlich, aber er wäre nicht mehr so frisch wie am Anfang, meinte er noch und schon war ich vorbei. Weiter ging es mit einem Kilometerschnitt von etwa 5:30 durch St. Margrethen. Bei Kilometer 30 ging es wieder über die Grenze zurück nach Österreich. Kontrollen gab es natürlich keine, die Grenzer standen nur freundlich Beifall klatschend da. Ich fühlte mich sehr gut, das Tempo tat mir gut, meine Hände waren warm geworden, der Regen war etwas weniger geworden.
Die nächsten drei Kilometer führten schnurgerade auf einem Asphaltweg den Rheindamm entlang. Ich lief mit etwa 5:05 und Puls 147 jetzt in meinem optimalen Marathontempo. Unablässig überholte ich, was natürlich weiteren Aufschub gab. Dann ging es wieder über die Rheinbrücke zurück und die Straße entlang, die wir schon beim Herlaufen genommen hatten. Von km 30 bis 35 hatte ich einen Schnitt von 5:08 geschafft, Puls knapp unter 150. In dem Tempo wollte ich vollends durchlaufen, ein Einbruch konnte nicht mehr kommen und wenn, dann würde ich eben wieder etwas langsamer laufen. Also weiter in der Geschwindigkeit, der Puls ging jetzt über 150. Na, ja, das würde schon noch bis ins Ziel reichen.
Die Stecke selbst war schon lange nicht mehr attraktiv, es ging durch gemischtes Gebiet, ständig Bordsteine hoch, runter, hoch und ständig Läufer überholen. Seit meiner Steigerung hatte ich sicher 80.. 100 Läuferinnen und Läufer hinter mir gelassen und das Feld wurde wieder dichter. Viele machten Gehpause, oder liefen ganz langsam. Wenn die nur nicht immer zu schnell angehen würden. Aber mich kümmerte das nicht, ich überholte und überholte. Was war das? Seit einigen Minuten hörte ich Schritte hinter mir. Da hatte offensichtlich ein Läufer die selbe Idee wie ich und bei Kilometer 39 überholte er mich doch tatsächlich. Sofort wurde ich etwas schneller und hängte mich an ihn dran. Offensichtlich hatte er auch kaum noch Reserven, denn schon nach wenigen hundert Metern wurde er wieder etwas langsamer. Ein gemütliches Gespräch war natürlich bei dem Tempo (Puls 157) nicht möglich. Er kam aus Magstadt, seit Kilometer 35 hatte er sein Tempo erhöht, beinahe hätte er mich nicht mehr eingeholt, weil ich etwas zu schnell wäre. Er hielt aber gut mit und immer wieder wechselten wir uns in der Führung ab. Er gab mächtig Gas und ich wollte nicht nachstehen. Kilometer 40 und 41 liefen wir mit 5:01, Puls 157. Mein Begleiter gab nicht nach, ich spürte erste Grenzen. Scheller wäre kaum mehr gegangen, aber glücklicherweise ging es ihm wohl auch nicht besser, denn er konnte sich nicht von mir lösen.
Plötzlich sah ich in der Ferne vor mir Angelika, flankiert von zwei Läufern. Eigentlich hätte ich langsamer tun sollen und zusammen mit ihr einlaufen. Aber ich wollte meinen Konkurrenten nicht davon ziehen lassen und passierte die drei; kurz winkten wir uns zu. Tatsächlich lief der Kerl noch etwas schneller. Also Zähne zusammen beißen und hinterher. Mein Puls war jetzt bei 164, aber den einen Kilometer würde ich das schon noch schaffen. In der Ferne hörte ich bereits den Sprecher im Stadion und schon liefen wir ein. Mein Mitläufer war ein paar Meter vor mir. Ich legte nochmals zu, aber er hatte mehr Reserven und nahm mir auf der Bahn sicher noch 10 Meter ab.
Mit 4:44 hatte ich den letzten Kilometer zurückgelegt, dank meines "Konkurrenten". Insgesamt brauchte ich 4:04:07 h, zu schnell für einen Trainingslauf, aber schön war es, trotz Regen und Kälte. Von solch schnellen 17 Kilometern am Ende eines Marathons kann man zehren. Da fühlt man sich, als ob man den ganzen Lauf in dem Tempo hätte laufen können. Der Regen hatte immer noch nicht nachgelassen, aber er hatte mich eigentlich nie gestört und seit meiner Tempoerhöhung waren auch meine Hände wieder warm geworden.
Kaum hatte ich meine Medaille um den Hals, waren schon Ute, Hanne und Jürgen bei mir. Nur eine Minute nach mir kam dann auch Angelika. Wäre das Wetter nicht so scheußlich gewesen, hätte sie diesmal eventuell sogar zum ersten Mal die 4 Stunden unterboten! Erstaunlicherweise ging es mir recht gut, nur wurde mir jetzt kalt. Ich holte mein Finisher T-shirt und zog es an. Dann ging ich, meinen Kleiderbeutel holen. Das Chaos dort war noch größer als bei der Abgabe, aber ich kämpfte mich durch Schlamm und Dreck und fand tatsächlich recht schnell meinen Sack auf der Ladefläche des Lastwagens. Irgenwo an einer geschützten Stelle zog ich mir trockene Kleider an und ging zurück ins Stadion. Inzwischen war auch Jürgen (A) zu uns gestoßen. Er war frisch geduscht, hatte auch trockene Kleider an, fror aber wie ein Schneider. Als dann noch Angelika umgezogen dazukam, beschlossen wir, zurück in die Pension zu fahren und dort zu duschen.
Immer wieder hatte ich geschaut, ob ich nicht die Zwei aus Hagnau sehen würde. Kurz bevor wir das Stadion verließen, kamen sie tatsächlich ebenfalls Richtung Ausgang. Mit 4:24:48 hatten sie zwar nicht ihre Wunsch-Zeit erreicht, aber Carsten war einigermaßen durchgekommen. Die letzten 10..15 Kilometer waren aber ganz schön anstrengend gewesen. Arno ludt mich noch nach Hagnau auf ein Bier ein, falls ich mal in die Gegend kommen sollte. Ich müsse nur in Hagnau nach ihm fragen, da würde man ihn schon kennen.
Abends ging es dann wieder zum Italiener, um unseren Sieg zu feiern. Bei gutem Essen und einer guten Flasche Chianti tauschten wir die Erfahrungen aus und stellten uns vor, wie der Lauf wäre, wenn mal die Sonne scheinen würde. Meine anderen vier Läufer waren ja bereits vergangenes Jahr hier gelaufen, ebenfalls bei Regen. Aber offensichtlich war es heute noch etwas schlechteres Wetter.
Noch ein Nachtrag. Der vielredende Läufer aus Rheinfelden hatte den Lauf in 2:59 tatsächlich in seiner angekündigten Zeit geschafft. Auch Jürgen (A) war mit 3:15 mal wieder eine Super Zeit gelaufen!
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