Rom-Marathon 2002

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Vorbereitung

Vor über 30 Jahren (Sommer 1969) waren Uta und ich im Rahmen eines Italien-Urlaubs zwei Tage in Rom. Obwohl damals noch vollkommen unberührt von jeglichem kulturellen Wissen, beeindruckte mich die Stadt so, daß ich sie all die vielen Jahre seither als die Stadt benannte, die mir am besten gefiel. Als ich dann im Oktober 1998 mit meinem Kollegen Walter Schnerring und seinen Studierenden auf eine Kunst-Exkursion für eine Woche mit nach Rom konnte, war ich sofort dabei. In dieser Woche erweiterte sich mein Rom-Bild über die Antike hinaus, bis zu den Kunstwerken und Bauten der Renaissance und des Barock. Wieder war ich beeindruckt von der Stadt, diesmal aber mit weit mehr Hintergrund als damals. Zurück aus Rom war mir klar, daß das nicht mein letzter Besuch dort war. Wie viel hatte ich gesehen und so viel mehr noch nicht? Das mußte Anlaß sein, für noch manchen Besuch in der ewigen Stadt.

Nachdem ich 2000 angefangen hatte Marathon zu laufen, war es mein Wunsch, auch mal in Rom zu laufen. Für 2002 hatte ich mir dann diesen Lauf fest vorgenommen und erzählte es allen, die es hören wollten oder auch nicht. Im Lauftreff Stammheim war auch Jürgen (A) nicht abgeneigt und irgendwann im Januar dieses Jahres waren wir zu fünft, die in Rom laufen wollten: Jürgen (A) und Angelika, Jürgen (G) und Hanne, ich und Uta wollten nach Rom. Erstere fünf zum Laufen, letztere des Erlebnisses wegen.

Obwohl ich mir für den Lauf keine Zeit vorgenommen hatte, machte ich mir einen ordentlichen Trainingsplan, den ich auch ganz gut einhalten konnte. Elf Vorbereitungswochen sah er vor, also begann ich in der zweiten Januar-Woche mit dem Training. Meine Ziele waren: Gewicht auf 71 kg (von 74kg), pro Woche ca. 60 km Training, 8 lange Läufe. Punkt eins schaffte ich nicht ganz (72 kg), die anderen beiden jedoch spielend. Während der Trainingswochen machte das Wetter ganz ordentlich mit, kaum Schmuddelwetter, dafür oft Sonne und überdurchschnittlich warm. An einem Wochenende Ende Januar konnte man sogar bei 18 Grad mit kurzen Sachen laufen.

Datum

Zeit [h]

Strecke

Schnitt [min/km]

Sa., 12.1.

2:07

21

6:05

Sa., 19.1.

2:28

24

6:10

Sa., 26.1.

2:47

27

6:05

Sa., 2.2.

3:33

33

6:10

Sa., 9.2.

2:23

23

6:20

Sa. 16.2.

3:10

31

6:05

So. 24.2.

1:40:50

21,1

4:47 (HM Weinsberg)

Sa., 2.3.

3:00

28

6:20

So., 10.3.

3:04

32

5:44

So., 17.3.

2:30

24

6:15

Pro Woche kamen 70..80 Trainings-Kilometer zusammen, in einer Woche waren es sogar 90 km. Im Lauftreff während der Woche (Mo, Mi) lief ich meist mit der schnellen Gruppe, so daß auch das Tempo nicht zu kurz kam. Von Krankheiten blieb ich verschont, meine Ferse schmerzte stets nach den langen Läufen, jedoch nicht Besorgnis erregend.

Jürgen (A.) konnte nicht so trainieren wie sonst, Angelika auch nicht. Nun ja, beide waren geübte Läufer, da machte das nicht so viel aus. Jürgen (G) und Hanne jedoch bereiteten sich genauso gewissenhaft vor wie ich, auch wenn Jürgen geschäftlich immer wieder gebremst wurde. Unglücklicherweise holte sich Jürgen (G) in den letzten 14 Tagen eine Krankheit (Virus?), die es ihm unmöglich machte, mehr als 20 Kilometer zu laufen. An den Lauf in Rom war somit nicht zu denken. Jeder, der sich schon mal so auf einen Lauf vorbereitet hat, kann ihm nachfühlen, wie ihn das wurmte. Natürlich kam er trotzdem mit, der Stadt wegen und vor allem, um seine Frau moralisch zu unterstützen.

Ein wenig Aufregung bei mir kam nochmals auf, als ich am Mittwoch vor dem Rennen Schmerzen in meinem rechten Schultergelenk bemerkte, die sich im Laufe des Tages steigerten, so daß ich abends den Arm nicht mehr schmerzfrei bewegen konnte. Beim abendlichen Lauf mit der Laufgruppe spürte ich den Schmerz immer stärker. Mit Aspirin war da nichts mehr zu machen. Ich hatte mal wieder eine Entzündung im Gelenk wie schon mal vor einigen Jahren. Am Donnerstag Morgen ging ich mit nahezu unbeweglichen Arm zum Arzt, der mir eine Spritze in das Gelenk gab und Voltaren verschrieb. Zu meiner Erleichterung hatte er nichts gegen einen Lauf am Sonntag einzuwenden. Seine einzige Sorge war, ob das ein Amateur-Lauf sei, die Mittel seinen dopingrelevant. Ich konnte ihn beruhigen. Schon am Abend im Zug nach Italien konnte ich den Arm wieder einigermaßen benützen. Am Freitag nochmals zwei Kapseln Voltaren und der Spuk war vorbei. Am Samstag nahm ich keine Medikamente mehr und hatte trotzdem keine Schmerzen mehr. Da hatte ich nochmal Glück gehabt.

Freitag, 22. März

Am Donnerstag Abend ging es bei schlechtem Wetter in Stuttgart um 18 Uhr mit dem Zug los, in München mußten wir umsteigen und von da an im Liegewagen bis Rom weiterfahren. Nach anfänglichen Problemen (verspätete Abfahrt in Stuttgart) klappte der Anschluß in München doch noch und bald lagen wir in den Kojen. Nicht alle schliefen so gut wie ich und so kamen wir mehr oder weniger fit am Freitag Morgen gegen 8 Uhr in Rom an. Strahlender Sonnenschein empfing uns. Nach einer Odyssee mit Metro, Bus und viel Fußmarsch waren wir gegen 10 Uhr in unserem "Hotel", einem ehemaligen Kloster in Trastevere. Eine freundliche Dame empfing uns. Sie konnte sehr gut englisch, so daß wir uns bestens verständigen konnten. Tatsächlich hatten wir kurze Zeit später unsere Zimmer (Doppelzimmer) bezogen. WC und Duschen waren auf dem Flur, Zimmer und Lage waren OK, die Kosten sehr moderat (31 Euro pro Person und Nacht). Abends mußte man vor 23 Uhr da sein, für uns aber keinerlei Problem.

Schon Wochen vorher hatte ich mich mit Hilfe verschiedener Literatur und einem Stadtplan "in Rom eingearbeitet". Ich hatte eine Vorstellung bekommen, was man in den wenigen Tagen machen konnte, um einen ersten Eindruck von der Stadt zu gewinnen. Nachdem wir uns in den Zimmern eingerichtet hatten, machten wir uns auf. Wir wollten etwas essen und dann unsere Startunterlagen holen. Trastevere liegt zwar rechts des Tiber, in etwa 20 Minuten Fußweg konnte man aber im Zentrum sein, was immer man auch als Zentrum bezeichnen möchte. Daß Rom eine Weltstadt ist, merkt man nicht nur an dem chaotischen Verkehr, sondern eben auch daran, daß es stets voller Leben ist, egal wo man sich befindet.

Vittoriano - Denkmal für König Vittorio Emannuelle IIBei schönstem Wetter - sicher 22 Grad im Schatten - Blick von der Piazza Veneziaspazierten wir über die Ponte Sisto zur Piazza Venezia. Natürlich wird dort der Blick erst mal von der "Schreibmaschine", dem überdimensionierten Denkmal für den König Vittorio Emanuele II (1885-1911) gefangen genommen. Das Kapitol daneben, mit dem von Michelangelo entworfenen Kapitolsplatz (Rückseite der italienischen 50 Cent-Münze) geht da nahezu unter. Ein erster Blick die Via Imperiale hinunter zum Colosseum, und weiter gingen wir zum Pantheon. Auf der Piazza della Rotonda vor dem ehrwürdigen Gebäude wurde erst mal Mittag gegessen, Pizza, Penne, Wein, Wasser, Capuccino - nicht schlecht, aber unser teuerstes Essen. Danach bestaunte man den Göttertempel von innen.

Forum RomanumZur Abholung der Unterlagen mußten wir nach Süden in das EUR-Viertel (Esposizione Universale di Roma). Der Bezirk wurde 1939 ursprünglich für die Bewerbung um eine Weltausstellung begonnen. Die Pläne zerschlugen sich aus bekannten Gründen, die Gegend wurde erst wieder 1950 (heiliges Jahr) und 1960 (olympische Spiele) weiter ausgebaut. Das Viertel läßt sich nur mit der Metro erreichen. Also spazierten wir gemütlich zur Metro-Station am Colosseum, schauten uns links und rechts der Via Imperiale die antiken Ruinen an und fuhren dann zur Abholung. Alles klappte reibungslos. Auf der Marathonmesse hielten wir uns noch eine Stunde auf und fuhren dann mit der Metro wieder zurück.

Moses-Statue von MichelangeloUm an diesem Tag noch einen Glanzpunkt zu setzen, stiegen wir an der Station Cavour aus und gingen hoch zur Kirche San Pietro in Vincoli, berühmt wegen der Moses-Statue von Michelangelo und den Ketten, mit denen Petrus in Jerusalem gebunden war und der, mit der er in Rom gefesselt war. Die Legende berichtet, daß die beiden Ketten sich im 13. Jahrhundert auf wundersame Weise zusammen geschweißt hätten. Sei es wie es sei, der Moses beeindruckte uns alle ob seiner realistischen Darstellung.

Langsam ging es zur Piazza Venezia, kurz noch hoch auf den Kapitolsplatz und dann zurück ins Hotel. Nach einer Ruhepause im Hotelzimmer von etwa 1 1/2 Stunden suchten wir ein Restaurant um uns noch zu stärken. In Tastevere gibt es genügend schöne Kneipen, und bald beschlossen wir den ersten Tag in Rom bei Wein und italienischem Essen in typischem römischen Ambiente. Ein wenig Sorge machte uns nur das übermäßig warme Wetter. Sicher um die 22 Grad und in der Sonne noch viel wärmer. Zur Stadtbesichtigung gut, zum Marathon Laufen viel zu warm. Wir würden ja sehen.

Samstag, 23. März

Am Tag vor einem Marathon sollte man keine großen Besichtigungsgänge in einer Stadt machen. Also war ein kleines Programm vorgesehen. Um jedoch nicht ganz untätig zu sein, waren alle Läufer Punkt 7 Uhr vor dem Hotel, um einen kleinen Lauf vor dem Frühstück zu machen. Nach einigen hundert Meter waren wir am Tiber und konnten unten am Fluß entlang bis zur Tiberinsel laufen. Wir stöberten dabei ein paar schlafende Penner mit ihren Hunden auf, ansonsten war noch wenig los und wir genossen die halbe Stunde langsamen Laufens in der Sonne.

Nach Duschen und Frühstück machten wir uns gegen 9.30 Uhr wieder auf. Etwa einen Kilometer nördlich von Trastevere liegt der Vatikan, wo wir die Peterskirche besichtigen wollten.

Demo vor der EngelsburgKaum hatten wir unsere enge Gasse verlassen, sahen wir einen unendlichen Strom von Demonstranten den Tiber entlang kommen. Das war wohl wieder eine Demonstration gegen den Staatspräsidenten Berlusconi. Viele Tausende mußten da unterwegs sein. Zu Hause angekommen, las ich von wenigstens einer halben Million Demonstranten aus dem ganzen Land, die gegen eine geplante Änderung des Kündigungsgesetzes demonstrierten.

Fassade der PeterskircheWir kamen trotzdem ungehindert zum Petersdom. Petersplatz von BerniniErst mal bewunderten wir den Petersplatz, der von dem großen Barockbaumeister Bernini gestaltet wurde. Zusammen mit dem trapezförmigen Vorplatzund der Kirche bildet er ein würdiges Forum für die oft hunderttausende Gläubige, die auch dieses Jahr wieder an Ostern den Segen des Papstes empfingen. Jedes Mal, wenn ich in Rom war, besuchte ich den Petersdom, noch nie aber war ich auf der Kuppel, das berühmteste Wahrzeichen der Kirche. Diesmal wollte ich hoch und konnte auch meine Mitreisenden beschwätzen, da mit zu machen. Wir reihten uns also in die Warteschlange ein, bezahlten die 5 Euro pro Person und gingen dann hoch auf die Kuppel (erster Teil mit dem Fahrstuhl), ächzten dann über die vielen Stufen hoch zum Tambur, die uns am nächsten Tag sicher Sekunden kosten würden, bewunderten dann aber die großartige Aussicht über die Stadt. Obwohl immer noch strahlend blauer Himmel, war ein recht kräftiger Wind aufgekommen, den wir in unserer kurzärmligen Kleidung unangenehm kühl empfanden. Blauer Himmel, Sonne, Wind und nicht so hohe Temperaturen - vielleicht war ja das Wetter beim Lauf doch noch ideal?

Wieder unten, besichtigten wir die Kirche. Der Kircheninnenraum ist für mich immer wieder faszinierend mit seiner unglaublichen Größe (60.000 Personen Fassungsvermögen!) und seiner überreichen Ausstattung. Natürlich bewunderten auch wir die Pieta, den Baldachin über dem Hochaltar, die mächtigen Säulen, die die Kuppel trugen, die Porhyr-Scheibe, auf der Karl der Große zum Kaiser gekrönt wurde, usw. Diese Kirche ist wahrlich die größte und prächtigste Kirche des Christentums.

Ab 12 Uhr öffnete die Pasta Party in einem Restaurant im EUR Viertel. Also wieder in die Metro (Ottaviano), umsteigen in der Statione Termini und gegen 13.30 Uhr waren wir im angegebenen Restaurant, schön gelegen mit schattigen Sitzplätzen im Freien. Erst mal mußte man sich in eine lange Schlange einreihen und wurde immer nur schubweise in eingelassen. Dann aber bekam man seine Nudeln, wahlweise Penne mit Tomatensauce oder mit Pesto oder beides und konnte sich in gemütlicher Umgebung hinsetzen. Kein Vergleich mit den mir sonst bekannten Pasta Partys. Hier stimmte eigentlich alles: die Umgebung und das Essen. Wer aber sonst sollte auch so etwas hinbekommen, wenn nicht die Italiener?

Zufrieden ging es zurück in die Stadt. Am Colosseum stiegen wir aus. Aber was war da los! Die Demonstration war beendet. Die Schlußkundgebung mit einigen hunderttausend Menschen war wohl im Circo Massimo und jetzt strömten die Leute zu zehntausenden von dort in die Metro. Wir kamen kaum noch aus der Station hinaus, mußten uns förmlich durch die hereindrängenden Massen einen Weg nach oben bahnen. Vor der Station, vor dem Colosseum, auf der Via Imperiale - riesige Menschenmassen. Zurück in Deutschland las ich im Spiegel (Nr. 14/30.3.02, S124): "Zwei, vielleicht drei Millionen Menschen füllten den riesigen Circus Macimus, umspannten das Forum Romanum, drückten sich eng ans Kolosseum - und ...". Und genau vor dem Colosseum war die Station, in die diese Massen hineindrängten und wir hinaus wollten. Es ging alles gut und bald schlenderten wir die Via Imperiale hoch und erstaunten uns an den vielen Leuten.

Auf der Piazza Navona bewunderten wir den Vierströmebrunnen von Bernini, die Fassade von Santa Anna in Agone von Borromini und gingen dann langsam den schon bekannten Weg nach Hause ins Hotel. Obwohl erst 5 Uhr, hatte uns der ständige Wind ausgekühlt, so daß wir uns erst Mal wieder aufwärmen mußten. Ich schaute mir die Laufstrecke an, die wir heute endlich bekommen hatten, verglich mit der Karte und schrieb mir einen kleinen Zettel mit den wichtigsten Stellen mit Kilometer- und Zeitangaben.

Nach zwei Stunden solcherart Muße ging es wieder in unser Restaurant vom Vorabend und nochmals wurden die Kohlenhydratspeicher aufgefüllt, alle Strategien für den Lauf besprochen, alle vergangenen Läufe nochmals durchgegangen - kurz, wir fühlten uns wohl und freuten uns auf den kommenden Tag.

Sonntag, 24. März

Pünktlich um 6.30 Uhr stand ich auf und zog meine Laufklamotten an. Alles andere hatte ich schon am Vorabend gerichtet, so daß ich mit den anderen Punkt 7 Uhr beim Frühstück saß. Freundlicherweise hatte man uns versprochen, daß wir bereits um diese Zeit etwas bekommen würden. Tatsächlich war jemand da und wir frühstückten.

Bereich der KleiderabgabeNochmals hoch ins Zimmer, die restlichen Sachen geholt und um 7.45 Uhr ging es zu Fuß in Richtung Colosseum. Vorbei am Circo Massimo, links ab, die Via di San Gregorio hoch und nach kaum 20 Minuten waren wir hinter dem Colosseum. Viele Tausende waren schon da und wie stets bei einem Rennen war lebhafter Betrieb. Das Gelände selbst war so großzügig, daß es zu keinerlei Engpässen kam. Selbst vor den dixi-WCs mußte man nicht allzu lange warten.

Hanne und Angelika gaben ihre Kleiderbeutel ab und gingen Richtung Startbereich. Angelika hatte vor Rom wenig trainieren können und hatte sich daher entschlossen, die 4 Stunden diesmal nicht in Angriff zu nehmen, sondern mit Hanne zu laufen und sie bei ihrem zweiten Marathon moralisch zu unterstützen. Jürgen (A) wartete noch auf mich (WC). Dann gaben auch wir unsere Beutel ab und gingen zum Start.

KonstantinsbogenStart war auf der Via Imperiale Richtung Piazza Venezia. Es gab vier Startblöcke. Je nach angegebener Zeit war man eingeteilt worden. Jürgen ist ein sehr viel besserer Läufer als ich (Bestzeit 3:08 h) und war deshalb im zweiten Block eingeteilt, ich im dritten. Trotzdem kam er mit mir in meinen Startblock. Er hatte sich angeboten, mit mir zu laufen und mich zur Bestzeit zu führen.

Die Temperatur war angenehm, obwohl auch heute Morgen wieder ein Wind da war, allerdings nicht so stark wie am Vortag. Temperatur etwa 8-10 Grad. Wir erwarteten, daß es noch wärmer wurde und liefen daher "kurz". Ich genoß die Umgebung: hinter uns das Colosseum, vor uns in der Ferne die Piazza Navona und links und rechts Forum romanum, bzw. die Kaiserforen. Wie üblich waren alle aufgekratzt und als dann weiter vorne alle Hände nach oben gingen, waren auch wir mit dabei. Noch zwei Mal ging diese Welle durch die Wartenden.

Punkt 9.30 Uhr dann der Startschuß. Erst mal ging gar nichts. Ein paar Schritte vor und wieder warten. Ganz langsam bewegte sich die Masse Richtung Start. Nach nicht ganz zwei Minuten waren wir über der Startlinie. Aber auch jetzt konnte man noch nicht zügig laufen. Ganz gemächlich trabten wir zur Piazza Venezia, weiter die Via del Teatro dei Marcello hinunter, am Marcellotheater vorbei, dann nach rechts zum Tiber und den Fluß am linken Ufer entlang. Langsam konnte man besser laufen, trotzdem brauchten wir für die ersten beiden Kilometer sicher mehr als 12 Minuten. Nun ja, besser als zu schnell angelaufen. Das würden wir schon noch hereinholen. Und dann das Erstaunen - vor uns Angelika und Hanne! Wie konnte das denn sein, obwohl die im Startblock hinter uns eingereiht waren? Mit ein paar Bemerkungen liefen wir vorbei und langsam fanden wir unseren Rhythmus. Die Läufermenge war nicht mehr so dicht und die Langsamen, die sich im Startblock nach vorne gedrängelt hatten, hatten wir passiert. Einen weiteren Kilometer ging es den Tiber entlang, bis es dann an der Ponte Vittorio Emanuele II nach rechts den gleichnamigen Corso wieder zurück in die Innenstadt ging.

Kilometer 5:27:41 min, na ja, Schnitt 5:32, nicht das, was wir angepeilt hatten, aber in Anbetracht der Umstände noch ertragbar. Eigentlich sollte hier auch eine Getränkestation sein. Wir mußten aber erst die Piazza Venezia passieren und die Via del Corso hoch, bis sie endlich nach einem knappen Kilometer auftauchte. Wir hielten uns nicht lange auf und tranken in aller Hast einen Becher Wasser. Säule zu Ehren Marc AurelsWeiter ging es die Via hoch, vorbei an der Säule zu Ehren Marc Aurels, dann nach links bis zum Tiber und auf der Ponte Cavour über den Fluß, immer geradeaus nach Westen. Die Engelsburg passierten wir nördlich. Unsere Strategie hatte sich eingependelt: Jürgen lief etwa 10 Meter vor mir, schaute immer wieder mal zurück, ob ich noch folgen konnte und ich behielt ihn im Auge. Unsere Kilometerzeiten näherten sich den geplanten 5:10. Das Wetter war eigentlich ideal, blauer Himmel, ab und zu ein paar Wolken und ein Wind, der die Temperatur nicht zu hoch werden ließ. Schätzungsweise um die 12..14 Grad. Auch hatte der Wind keine bevorzugte Richtung, so daß er nur ganz selten zum störenden Gegenwind wurde. Nur die Absperrungen mußten leiden. Die Straßen waren mit Absperrgittern in der Mitte begrenzt, der Abstand zwischen den Gittern wurde durch eine jeweils an den Gittern angebundene Banderole überbrückt. Diese Banderole wurde vom Wind ziemlich stark gebeutelt, so daß sie oft störend in die Laufbahn geweht wurde. Ab und zu hatte der Wind solche Kräfte, daß er ein Gitter umwarf, das dann hinderlich im Weg lag. Auch ein Teil der Kilometermarkierungen war Opfer des Windes geworden und lag unscheinbar auf dem Boden. Trotzdem konnten wir immer wieder einen Kilometer stoppen.

Auch den Vatikan hatten wir bei unserem Weg nach Westen hinaus passiert und liefen nun in großem Bogen wieder zurück, Richtung Fluß. Die letzten 5 Kilometer hatten wir in 25:49 zurückgelegt, also 5:09 pro Kilometer. So konnte es weiter gehen, dann kämen wir locker unter 3:40 h an. Aber ich traute dem Frieden nicht. Noch sehr gut erinnerte ich mich, wie ich in Berlin nach 39 Kilometern ziemlich eingebrochen war. Das sollte mir hier nicht passieren. Also lief ich etwas vorsichtiger, als es Jürgen lieb war. Wir hatten den Tiber erreicht und die Strecke führte uns rechtsseitig hoch nach Norden, dann nach Osten, immer dem Fluß entlang. Stets begleitete uns der Wind, hielt die Temperaturen niedrig, trieb Wolken vor sich her und störte erstaunlicherweise kaum.

Schon wieder waren 5 Kilometer gelaufen: Schnitt 5:17 - etwas langsamer, für mich aber schnell genug. Sicher hätte ich etwas schneller gekonnt, aber was passierte nach der 30 Kilometer-Marke? Davor hatte ich großen Respekt. Jürgen schaute immer wieder aufmunternd nach hinten, hatte aber kein Erbarmen und ließ im Tempo nur soviel nach, daß ich gerade noch mitkam. Immer wieder war ich jetzt geneigt, ihn einfach weiter zu schicken und langsamer zu laufen. Aber das wollte ich dann doch nicht, also hieß es stur hinterher. Nicht mal aufs Klo mußte ich, obwohl ich bei jedem dixi-Häuschen, das ich sah, überprüfte, ob ich es nicht aufsuchen sollte - nichts!

Wir liefen jetzt durch einen Grünbereich, über einen Zubringer hoch zu einer Autobahn ähnlichen Straße und überquerten auf der Ponte Tor di Quinto den Tiber. Wenige hundert Meter und schon ging es wieder runter von der 4-spurigen Straße Richtung Süden. Wir passierten die Moschea und liefen jetzt linksseitig wieder den Tiber entlang Richtung Rom. In großem Bogen hatten wir die Anlagen der Olympischen Spiele von 1960 und auch neuere Sportanlagen umrundet. Die Arbeitsteilung war perfekt: Jürgen voraus, ich mühselig hinterher und er schaute aufmunternd immer wieder zurück und war wohl etwas verzweifelt, daß ich einfach nicht das geplante Tempo einhielt. Ich war aber immer noch froh, daß ich nicht noch langsamer wurde. Innerlich hatte ich mich bereits abgefunden, heute die 3:40 h nicht unterbieten zu können. Endlich Kilometer 20: Schnitt 5:19, Puls immer noch bei beruhigenden 131. Eigentlich sprach überhaupt nichts dagegen, schneller zu laufen, die Zahlen forderten das geradezu, aber ich konnte irgendwie nicht - der innere Schweinehund hatte beinahe die Überhand gewonnen :-(.

Schon passierten wir die Halbmarathon Marke: 1:52:33 h - Jürgen war entsetzt und meinte, daß er noch nie eine so schlechte Zwischenzeit gelaufen sei. Half alles nichts, ich war einfach nicht in der Lage, schneller zu laufen, stets standen mir die letzten 10 Kilometer vor Augen und wie ich es mir da schlecht ergehen würde, wenn ich jetzt zu schnell wäre. Also weiter mit der bewährten Arbeitsteilung im bewährten Tempo. In der Zwischenzeit hatte ich mir bei den Getränkestationen angewöhnt, abwechselnd mal einen Becher Wasser und beim nächsten Mal einen Becher Gatorade, ein scheußlich schmeckendes Energiegetränk, zu trinken. Ich hatte den Eindruck, daß mir das Zeug tatsächlich immer wieder einen Energieschub für ein, zwei Kilometer gab.

Eigentlich wurden wir nur von wenigen überholt, überholten vielleicht ein paar mehr, wir schwammen so im Läuferstrom mit. Bei Kilometer 24 umrundeten wir das Augustus Mausoleum und bei Kilometer 25 näherten wir uns der Piazza Navona. Schnitt die letzten fünf Kilometer immer noch 5:19, wenigstens diesmal nicht langsamer geworden!

Blick auf Spanische TreppeJetzt war auch wieder richtig Leben an der Strecke. Trevi: JürgenDie Sehenswürdigkeiten tauchten nacheinander auf und wurden im Laufschritt passiert: Piazza Navona, San Luigi dei Francesi und wieder die Via del Corso hoch. Beim Einbiegen in die Corso hatte man einen herrlichen Blick auf die Spanische Treppe und schon wieder vorbei. Jetzt umrundete das Feld die Piazza del Popolo, um dann bei Kilometer 29 die Spanischen Treppe zu passieren. Weiter nach Süden, dann westlich und den Brunnen von Trevi passiert. IchHalt, da hat doch jemand meinen Namen gerufen? Ein kurzer BlickTrevi: beide Frauen nach hinten. Da standen Uta und Jürgen zwischen den Zuschauern und fotografierten. Kurz zugewinkt und weiter gerannt. Jürgen würde mir das nie verzeihen, wenn ich nicht nachkam. Und übrigens mußte ich ihm doch sagen, daß wir soeben den Brunnen von Trevi passiert hatten. Wußte er natürlich schon und hatte tatsächlich auch einen Blick drauf geworfen.

Kurz nachdem wir die Via del Corso überquert hatten kam Kilometer 30. Die letzten 5 Kilometer hatten wir in 26:20 zurückgelegt, Schnitt 5:16. Da hatten mich die vielen Sehenswürdigkeiten doch tatsächlich vorwärts getrieben! Jürgen gab die Parole aus, ab jetzt keinen mehr überholen zu lassen und nur noch selbst zu überholen. Tatsächlich schafften wir das, mit wenigen Ausnahmen. Auf den letzten 10 Kilometern ließen wir noch hunderte hinter uns und wurden selbst kaum mehr überholt.

In einer Schleife ging es jetzt wieder über die Piazza Venezia. Inzwischen kannte Frauen an der Piazza Veneziaich da jeden Pflasterstein und lief beinahe schlafwandlerisch zum zweiten Mal die Via del Teatro di Marcello hinunter und unten nach links zum Circo Massimo, an dem noch am Vortag die Kundgebung der Demonstration stattgefunden hatte. Schon im 4. Jhrd. v. Chr. faßte die Arena 300.000 Zuschauer, so daß das auch heute noch das ideale Forum für so eine Kundgebung war. Nach 500 Metern bogen wir am Ende des Circo nach rechts ab, Richtung Süden, die Viale Aventino hinunter, vorbei an der Pyramide des Cestio und die Via Ostiense ganz hinunter bis zur San Paolo Fuori Le Mura, eine der vier Patriarchalkirchen Roms. Dort soll der Apostel Paulus begraben sein.

Die letzten beiden Kilometer seit dem Circo Massimo führten ganz unmerklich nach unten. Stets war mir aber bewußt, was das bedeutete. Aber wider Erwarten hatte ich den Kilometer 30 gut überstanden und fühlte mich noch gut. Jürgen forcierte das Tempo und ich wurde übermütig und machte mit. Bei Kilometer 35 erreichten wir das Paulusgrab. Schnitt 5:25 die letzten fünf Kilometer. Da hatte ich mich aber ordentlich getäuscht. Die Zeit mußten wir wo anders verloren haben, denn die letzten beiden Kilometer waren wir wirklich recht flott unterwegs. In weitem Bogen umrundeten wir die Kirche und liefen nun leicht bergan zurück. Nur noch sieben Kilometer. Ich fühlte mich noch ordentlich und machte Jürgens Tempo mit, mein Puls pendelte sich bei etwa 146 ein, eigentlich kein Problem. Kurzzeitig schloß ich sogar zu Jürgen auf, so daß er mich ganz erstaunt anschaute und lobte. Seit es wieder hoch ging, hatte er sich ganz links zur Mitte angeordnet und schaute beständig nach links zu dem Läuferstrom, der noch nach unten laufen mußten. Er hoffte wohl, daß er Angelika und Hanne sah, die wohl weit hinter uns lagen und noch die ganze Strecke nach unten mußten. Tatsächlich begegneten sie uns. Ein kurzes aufmunterndes Wort von Jürgen über den Mittelstreifen hinweg, ich winkte und schon waren wir vorbei.

Oben am Circo Massimo noch einen Schlenker nach rechts zu den Thermen von Caracalla und schon war Kilometer 40 erreicht: mit 5:21 war der Schnitt wieder etwas besser, vor allem, weil es ja leicht bergauf gegangen war. Ich fühlte mich immer noch gut, d.h. mir wurde immer noch nicht schlecht, also noch etwas schneller. Der Puls lag inzwischen bei 150, aber das konnte ich durchstehen. Kilometer 41 flog vorbei und dann endlich das Schild "Ultimo Kilometre"! Wir zogen an und rannten in flottem Tempo weiter. Links vor uns der Konstantinsbogen, vor uns das Colosseum. Die Straße führte jetzt in einem ganz häßlichen Anstieg nach rechts um das antike Bauwerk herum. Ich gab mein Letztes, Puls bei 160. Die letzten 400 Meter dann leicht abwärts ins Ziel.

Mit 3h 44 Minuten und 43 Sekunden überquerte ich eine Sekunde hinter Jürgen die Ziellinie. Eine Sekunde langsamer als in Berlin. Wenn ich unterwegs besser auf Jürgen gehört hätte, wären die zwei Sekunden zur persönlichen Bestzeit sicher auch noch drin gewesen ;-).

Der Rest ist schnell erzählt. Gleich nach dem Ziel gab es eine Wärmefolie, dann die Medaille. Langsam gingen wir weiter und kamen an die Stelle, wo wir den Chip abgeben mußten. Problemlos konnte ich mich bücken und ihn vom Schuh montieren. Noch nie nach einem Marathon hatte ich mich so gut gefühlt. Mir wurde nicht schlecht, mein Kreislauf war ok, ich mußte nicht aufs Klo, ich konnte mich nahezu schmerzfrei bewegen. Da hatte meine konsequente Vorbereitung doch etwas bewirkt. Trotzdem muß ich sagen: Ohne Jürgen hätte ich mich in der Mitte des Rennens sicher gehen lassen und wäre einiges später angekommen. Nur durch seine ständige Präsenz und zuverlässiges Tempo konnte ich den inneren Schweinehund überwinden. Wer weiß, vielleicht laufen wir nochmals zusammen und dann werden die 3:40 h geknackt J! Was gibt es sonst noch zu sagen? Nach Berlin schon der zweite Marathon, bei dem ich nicht austreten mußte!

Wir gingen langsam die Via Imperiale vor, holten noch einen Beutel mit Apfel und Getränken ab, dann unsere Kleiderbeutel. Wir zogen uns um und trafen kurz danach Jürgen (G) und Ute. Wo war meine Medaille? Wo war meine Umhängetasche? Im Rucksack nicht. Also schnell zum Umleidebereich, wo ich beides hingehängt hatte. Natürlich war nichts mehr da. Nun ja, um die schöne Umhängetasche, die ich mir beim Paris-Marathon 2001 gekauft hatte tat es mir leid, die Medaille verschmerzte ich eher. Aber was solls - ärgern nützt nichts.

Die beiden Frauen mußten jetzt dann eintreffen. Ich schlenderte zum Zielbereich zurück.alle vier nach dem Lauf Nichts zu sehen. Also wieder vor zu unserem Treffpunkt. Tatsächlich kamen sie aber bald, glücklich und erfolgreich. Hanne hatte ihren zweiten Marathon in guter Form überstanden. Die Zeit mit 4.30 h war zwar nicht wesentlich besser als das erste Mal, dafür aber hatte sie die 42,2 Kilometer körperlich sehr gut überstanden.

Über Ponte SistoVor dem HotelWir gingen zurück nach Trastevere. Dort kehrten wir erst mal im Restaurant Umberto ein und genossen ein excellentes Essen in traditionellem, rustikalen Ambiente. Dann ging es endgültig zum Ausruhen ins Hotel. Abends ließen wir den Tag bei einem guten Essen gemütlich ausklingen.

Montag, 25. März

Beim FrühstückErst mal war ein "Entmüdungslauf" angesagt. Um 7 Uhr ging es los, wieder am Tiberufer entlang. Nach einer ausführlichen Dehnphase ging es dann zurück ins Hotel. Duschen, Frühstück und los ging es wieder ins Zentrum.

Eis essen auf Piazza NavonaHeute wollten wir noch ein paar Sehenswürdigkeiten anschauen, ganz entspannt den letzten Tag in Rom verbringen. Auf unserem längst bekannten Weg ging es Richtung Pantheon. Wir Spanische Treppeschauten uns die Kirche San Luigi dei Francesi an und dort vor allem die drei Meisterbilder von Caravaggio. Dann war Eis essen auf der Piazza Navona angesagt. Weiter zur spanischen Treppe, zum Brunnen von Trevi, irgendwo einen Cappucino getrunken, kurz, wir genossen noch unseren letzten Tag in Rom.

ColosseumWährend ich noch das Colosseum besichtigte, schlenderte der Rest der Truppe über das Forum Romanum und wärmten sich anschließend in den letzten Sonnenstrahlen, während sie auf mich warteten.

Langsam wurde es Zeit, unser Gepäck im Hotel zu holen. Mit zwei Taxis ging es dann zum Bahnhof. Dort vertrieben wir uns bei einem kleinen Imbiß die Zeit bis zur Abfahrt und dann ging es einigermaßen pünktlich los im Liegewagen Richtung Deutschland.

Die Nacht verbrachten diesmal alle etwas besser als bei der Herfahrt. Morgens am Brenner waren wir wieder wach und wunderten uns über die Schneemengen, die da offensichtlich in den letzten Tagen aufgetürmt wurden und freuten uns nochmals, daß wir in Rom soviel Glück mit dem Wetter hatten. Mit beinahe einer Stunde Verspätung kamen wir in München an, unser Anschlußzug war längst weg. Dafür konnten wir wieder mit einem ICE bequem nach Stuttgart fahren.  

Die Tabelle zeigt meine Zwischenzeiten während des Laufes (rot die offiziellen Zeiten):

km

Zeit

5 km-Zeit

Km-Zeit

Puls

5

27:41

27:41

5:32

127

10

0:53:29

25:49

5:09

134

16

1:25:14

31:44

5:17

131

20

1:46:32

21:19

5:19

131

HM

1:52:33

--

--

--

25

2:13:08

26:36

5:19

129

30

2:39:28

26:20

5:16

133

35

3:06:36

27:08

5:25

139

41

3:38:42

32:06

5:21

142

42,195

3:44:43

--

5:02

156

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Letzte Änderung:
13. August 2009

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